Gemeinsam gegen die Sucht – neue Kampagne möchte Jugendliche erreichen und vor den Gefahren warnen. release ist mit dabei. Die regionale Presse berichtet über die Aktion und die Beteiligten
Redaktion – Regionale Rundschau vom 13. Februar 2025
Gegen Vapes und Lachgas
Gemeinsam gegen die Sucht. Prävention soll gegen Verharmlosung von E-Zigaretten und Lachgas helfen
Von Dorit Schlemermeyer
Bassum. „Wir haben ein achtjähriges Mädchen beim Inhalieren einer E-Zigarette ertappt“ – Marcus Libbertz, Leiter des Bassumer Jugendhauses Fönix, und Max Schlake, der dort gerade sein freiwilliges soziales Jahr absolviert, sind immer noch entsetzt. Der Schrecken wurde noch vertieft, als eine Kartusche für Lachgas im Außengelände des Fönix gefunden wurde. Dies war für beide die Initialzündung, die sie tätig werden ließ. Denn das Rauchen von E-Zigaretten, umgangssprachlich auch „vapen“ genannt, ist gesundheitsschädlich. Ebenso wie der Konsum von Lachgas, eine Verbindung aus Stickstoff und Sauerstoff, das eine schmerzstillende und betäubende Wirkung hat. Die Jugendhausmitarbeiter beschlossen daher, ein eigenes Projekt zu starten, und holten sich dafür weitere Unterstützer mit ins Boot.
„Wir setzen auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit bekannten Experten vor Ort und Menschen, die diesen sozialen Raum gut kennen“, sagt Libbertz. Mit dabei sind daher Anika Bahns von der Oberschule, Gaby Helmstedt vom Verein Release, Holger Theek, Dominique Bartelheimer und Anne Wagener von der Bassumer Kinderarztpraxis sowie Julia Mielke und Christian Porsch von der Stadt. Gemeinsam haben sie zwei Kampagnen gestartet, die auf die Gefahren sowohl des Vapens als auch des Konsums von Lachgas aufmerksam machen sollen: „Vape it or hate it“ und „Worth it“. Die dazugehörigen Plakate und Flyer präsentieren sie im Fönix.
Viele falsche Vorstellungen im Umlauf
„Das Mädchen hat uns erzählt, dass die Mutter ihr die E-Zigarette erlaubt habe“, berichtet Schlake weiter. Die Mutter habe gemeint, dass die E-Zigarette kein Nikotin enthalte. Die Jugendhausmitarbeiter sehen daher dringend Aufklärungsbedarf – bei Kindern und Jugendlichen, aber auch bei Erwachsenen. Denn die Behauptung der Mutter „stimmt so nicht“, beeilt Schlake sich, diese Annahme zu korrigieren. E-Zigaretten riechen zwar nicht wie normale Zigaretten, sondern häufig nach Früchten, Vanille oder Schokolade, doch auch sie enthalten Nikotin. Nikotin, das auf anderen Wegen ins Gehirn gelangt. Das erhöhe sogar das Risiko der Nikotinsucht. Sehr kritisch zu sehen sei auch die Verwendung der Einweg-E-Zigaretten. „Das benutzen die Jugendlichen quasi wie Schnuller. Jeder darf mal einen Zug nehmen“, haben die Beteiligten schon beobachtet. 600 Züge enthalte eine E-Zigarette, das entspräche 40 Zigaretten. Durch die fachliche Unterstützung der Kinderarztpraxis und die Infos, die Max Schlake gesammelt hat, hoffen die Beteiligten, dass Jugendliche und ihre Eltern, die Risiken dieser Droge erkennen – und das frühzeitig. Denn: „Die Hemmschwellen gehen runter und die Kinder, die Drogen nehmen, werden wieder jünger“, hat Gaby Helmstedt von Release beobachtet.
Helfen soll auch der Hinweis auf das Jugendschutzgesetz, wonach der Konsum und Besitz von nikotinhaltigen Tabakwaren und anderen nikotinhaltigen Erzeugnissen ausschließlich volljährigen Personen gestattet ist. Für alle unter 18 Jahren sind damit auch E-Zigaretten verboten. Des Weiteren wird im Flyer über die Risiken des Vapens aufgeklärt. Genau wie bei herkömmlichen Zigaretten sind die Inhaltsstoffe krebserregend, schädigen Herz, Lunge und Gehirn, können allergische Redaktionen hervorrufen, fördern Asthma, chronische Bronchitis, Lungenentzündungen, führen zu erhöhtem Blutdruck, erhöhter Herzfrequenz sowie zu einer körperlichen und psychischen Abhängigkeit.
Ein Narkosemittel für schnellen Kick
Im Flyer „Worth it?“ geht es um Lachgas, Distickstoffmonoxid, einigen vielleicht noch bekannt als Narkosemittel beim Zahnarzt. „So eine Kartusche, wie Marcus Libbertz und Max Schlake sie gefunden haben, reicht für 40 Narkosen“, erläutert Dr. Holger Theek. Dafür wird das Lachgas als Droge jedoch nicht genutzt, sondern wegen seiner rauschhaften Wirkung – und der leichten Verfügbarkeit.
Diese leichte Verfügbarkeit beider Drogen finden die Projektbeteiligten besonders bedenklich. Sowohl E-Zigaretten, ob als Mehrweg- oder als Einwegversion, als auch Lachgas sind in Deutschland frei verkäuflich. Für Lachgas gibt es zudem keine Altersbeschränkung. „Das müsste sich dringend ändern“, sind sich alle einig. In anderen Ländern, wie Großbritannien, den Niederlanden, Dänemark, der Schweiz sind Besitz und Verkauf von Lachgas verboten. In Deutschland wird noch an einem Gesetz gearbeitet. Bei seinen Recherchen hat Schlake zudem herausgefunden, dass E-Zigaretten in China verboten sind, China aber 90 Prozent nach Deutschland exportiert. „Die E-Zigaretten sind zudem noch viel günstiger als die Tabakzigaretten.“
„Fakten statt Fake News“ versprechen die Broschüren daher und klären auf über die gesundheitlichen Risiken beider Drogen – auch die Eltern. Zu diesem Zweck wurde eigens eine Elternbroschüre erarbeitet. „Die Eltern scheinen noch kein Gefahrenbewusstsein dafür zu haben“, sagt Holger Theek und bedauert, dass es noch keine Informationen über die Langzeitfolgen des Konsums gibt. „Dafür sind die Substanzen noch nicht lange genug auf dem Markt.“ Bekannt sei allerdings, dass E-Zigaretten oft die Einstiegsdroge seien für späteren Zigarettenkonsum.
Zusätzlich zu den Flyern hat Libbertz einen Referenten engagiert. Der Experte für Suchtprävention wird mit den siebten und neunten Jahrgängen der Bassumer Schulen über das Thema sprechen. Der Verein Release bietet zudem Hilfe durch seinen Suchtberater Patrick Ehnis an. Er ist unter der Rufnummer 04 21 / 89 32 33 oder per E-Mail an patrick.ehnis@release-netz.de erreichbar. Weitere Informationen finden sich zudem auf der Internetseite des Vereins unter www.release-netz.de.