„Für Wunder muß man beten, für Veränderungen muß man arbeiten“
(Thomas von Aquin)
Vorwort zum Jahresbericht 2019
Sehr geehrte Damen und Herren, Mitglieder und Förderer!
Dieser Jahresbericht ist natürlich ein Rückblick auf das Jahr 2019. Weil er jedoch am Anfang 2020 geschrieben wurde, befinden wir uns bereits im 50. Jahr seit der Gründungs-versammlung in Syke 1970. Noch vor wenigen Monaten waren Vorstand und Mitarbeiter sowie viele Ehrenamtliche mit Feuereifer dabei, Ideen für das Jubiläumsjahr zu sammeln. Dabei legten wir im September vier Termine für ein angemessenes Reflektieren für 50 Jahre Menschlichkeit fest. Aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie wird das gesamte Programm auf (hoffentlich) 2021 verschoben.
(1) Die Mitgliederversammlung/Jahreshauptversammlung wird voraussichtlich im September 2020 – unter den geltenden Pandemie-Bestimmungen – in der Gründungsstadt Syke stattfinden. Über unsere Vereinsregistereintragungen konnten wir ermitteln, dass inklusive der neun Gründungsmitglieder, bis heute 54 ehrenamtlich tätige Frauen und Männer als Mitglieder unserem Vereinsvorstand angehörten und damit die Geschicke, insbesondere der Suchtkrankenhilfe im Nordkreis Diepholz, beeinflussten, mit verantworteten oder jeder nach seinen Möglichkeiten mit anpackte. In den 16 Monaten bis zur Vereinsregistereintragung, die am 17. April 1972 über die Bühne ging, hatte der Kreisjugendwart der Syker evangelischen Kirche, Herr Werner Walter, den Vorsitz. Mit der Eintragung im Register im Jahr 1972 übernahm der Allgemeinmediziner Dr. med. Eberhard Hesse gemeinsam mit dem Rechtsanwalt Dr. Jur. Alfred Nehring aus Syke, die Leitung. Dr. Hesse übergab am 15.06.2009 – nach über 37 Jahren – den Vorsitz an mich ab und ist seitdem unser erster Ehrenvorsitzender.
Dieser solide Zeitstrahl belegt, dass die zuverlässige Kontinuität in der Vorstandsarbeit wichtiger Bestandteil des Erfolges war.
Vor fast 40 Jahren entwickelten wir, geboren aus finanzieller Not, unseren release Flohmarkt. Umsetzbar war das nur, weil wir in Stuhr den alten Brinkumer Bahnhof erst mieten und später kaufen konnten. Der Flohmarkt war jedoch stets mehr als selbst getöpferte Gefäße aus Uta‘s Werkstatt, gespendete Flohmarktartikel, heiße und kalte Getränke, Brötchen oder gespendeten Kuchen zu verkaufen. Für alle releaser ist der jährliche Flohmarkt der Tag zur Begegnung und ein Tag der offenen Tür. Der Vormittag mit Unterhaltung und Spaß ist vor allem eine aktive Vernetzung mit den Menschen in unserer Umgebung. Seither akzeptieren Bürgerinnen und Bürger unser release mit seinem niedrigschwelligen, auf Wunsch anonymen Zugang zur Beratung, Zuwendung, Betreuung, Behandlung, Prävention u.v.a.m.
Der Rückblick auf das Jahr 2019 fällt durchaus positiv aus. Unsere guten Ergebnisse sind nicht durch beten, sondern durch arbeiten entstanden. Wie 2018 angekündigt musste ein Generationenwechsel im Präventions-, Beratungs- und Therapiebereich umgesetzt werden. Das lässt sich nicht immer eins zu eins umsetzen. Unter anderem ging unsere Allround-Sozialarbeiterin, Marion Bödeker, im Herbst 2019, nach fast vier Jahrzehnten in den Rentenbezug. Sie hat bereits vor einigen Jahren die Leitungsverantwortung und anschließend die Geschäftsführung übernommen und diese Funktion, neben der Beratung insbesondere in Bruchhausen-Vilsen, mit viel Erfahrung und Herz umgesetzt. Für ihre Beratungsstunden gelang es Frau Bödeker, nach einigen Bewerbungsgesprächen, mit Romy Pelger eine passsende Nachfolgerin einzustellen. Frau Pelger hat die Probezeit inzwischen beendet und arbeitet in den Fachstellen Bruchhausen-Vilsen und Syke. Diese Kontinuität freut uns natürlich. Die nächste Aufgabe war rund 13 Stunden für die Leitung und Geschäftsführung zu besetzen. Schön, dass wir hierzu Frau Bödeker, über ihren Rentenbeginn hinaus, für diese verantwortungsvolle Aufgabe, vorerst unbefristet, verpflichten konnten.
Große Sorge aber bereitete uns aber die Berentung zum Herbst 2019 unserer landesgeförderten Präventionsfachkraft Michael Elsner. Herr Elsner hatte seinen ersten Arbeitsvertrag bereits 1986, nur wenige Jahre nach seiner mit Auszeichnung bestandenen Prüfung für das Lehramt an öffentlichen Schulen. Er übernahm die Suchtpräventionsarbeit, nicht nur für alle Schulen im Nordkreis des Landkreises Diepholz, sondern war in vielen Vernetzungsbereichen zur Jugendhilfe Teil des Ganzen, Begleiter und Initiator, Moderator vieler Fortbildungsmaßnahmen für Multiplikatoren in der Suchtprävention. Diese mit 50 Prozent aus Landesmitteln finanzierte „Zwangsvollzeitstelle“ hatte zwei Jahrzehnte lang ein finanzielles Handicap: die anderen 50 Prozent seiner Personal- und Sachkosten – eigentlich vom Landkreis Diepholz – mussten Kofinanziert werden. So zumindest die Vorgaben des Landes. Dies war auch in den meisten Landkreisen und Städten in Niedersachsen so, nicht aber im Landkreis Diepholz. Mit einem Konzept, nämlich der Betrieblichen Suchtprävention, gelang es release, unter dem damaligen Leiter Willi Sondag, gemeinsam mit Michael Elsner, IKEA ins Boot zu holen. Über den Stuhrer Marktleiter gelang es vor 15 Jahren einen Schulungsauftrag für Betriebsinterne Suchtberatung und der Begleitung sowie der Umsetzung einer Betriebsvereinbarung Sucht am Arbeitsplatz bei IKEA Deutschland an Land zu ziehen. Von dieser Arbeit – und den dabei gewonnen Erfahrungen – profitierten viele Betriebe im Landkreis Diepholz. Auch die Kommunen als Arbeitgeber.
Mithilfe dieser Dienstleistung konnte der größte Teil der Präventions-Kofinanzierung lange Zeit gesichert werden. Als die Auftragslage zurückging, hat release 2015 erneut ein Antragsverfahren beim Landkreis eingeleitet. Auf Wunsch der Politik konnte eine befristete Projektfinanzierung in Kooperation mit dem im Südkreis engagiertem Diakonischen Werkt und dem dringend notwendigem Themenschwerpunkt Mediensucht, eingeführt werden. Nach fünfjähriger erfolgreicher Konzepterprobung entschied sich der Landkreis nunmehr für eine unbefristete anteilige Finanzierung.
Eine Position von dieser Tragweite und mit derartig solider Vernetzung neu zu besetzen war indes keine leichte Aufgabe. Doch gute Arbeit in der Suchtprävention spricht sich rum und ihr gutes Ansehen wurde bis in die Fachhochschule für Soziales in Bremen getragen. Der engagierte Dozent Dr. Patrik Ehnis hatte über unsere Dipl. Psychologin, Frau Petra Flemig von Herrn Elsner gehört und lud diesen im Rahmen seiner Vorlesungen ein. Die dadurch entstandene Verbindung führte dazu, Dr. Patrik Ehnis für unsere regionale Suchtprävention und für unseren betrieblichen Schwerpunkt z.B. bei IKEA zu begeistern. Er wurde die ersten Monate von Herr Elsner begleitet und so können wir uns auf frischen Wind – aber gleichzeitig Stabilität in diesem Segment – freuen.
Im Jahr 2019 waren noch zwei Teilzeitstellen im Bereich von Beratung und Therapie zu besetzen. Auch diese Stellen konnten mit sehr guten Fachkräften besetzt werden. Zusammenfassend sind wir sehr zufrieden, dass der Verein zwar wichtige Mitarbeiter gehen lassen musste, unser Team aber wieder komplett ist und wir unseren Versorgungsverpflichtungen engagiert nachkommen können. Alle weiteren personellen Veränderungen entnehmen Sie bitte dem nachfolgenden Bericht.
Auf der Mitgliederversammlung 2019 standen erneut Wahlen an. Mein Stellvertreter, Walter Schröder ist ausgeschieden. Über unsere Mitarbeiterin Helga Friemel gelangte die Botschaft, einen neuen Mitstreiter für das Amt zu finden, auch den scheidenden Weyher Bürgermeister, Andreas Bovenschulte. Die Gemeinde Weyhe ist engagiertes Mitglied bei Release und fördert uns vorbildlich. „Noch Bürgermeister“ Bovenschulte informierte ein früheres Gemeinderatsmitglied Falk Brozio, welcher nach einigen Jahren in Berlin als Berater für Betriebsräte, in die Gemeinde zurückgekehrt ist. Zuerst als Gast im Vorstand wurde Falk Brozio auf der Jahreshauptversammlung 2019 zum Stellvertreter gewählt. Er bringt viele frische Ideen in den Vorstand und ins Team und vertrat spontan den ausgefallen Moderator für die im Herbst geplante Zukunftswerkstatt. Hierbei ging es sowohl für die alten und neuen MitarbeiterInnnen und den Vorstand um die Integrationsfrage: Woher kommen wir und wohin geht’s zukünftig. Weitere Veranstaltungen sind geplant.
Liebe Leser und insbesondere liebe Vereinsförderer, meine Abschlussworte sind wie in jedem Jahr Dankesworte an alle, die unsere Arbeit unterstützen. Auch wenn die Mischfinanzierung manchmal etwas kompliziert ist, wenn es unkalkulierbare Dienstleistungsbereiche gibt, können wir mittlerweile auf 50 Jahre erfolgreiche Sozialarbeit, Therapie, Eingliederungshilfe und Selbsthilfeförderung mit etwas Stolz und Dankbarkeit zurückblicken.
In unserem Fachgebiet werden wir alle Hilfen im Zusammenhang mit der Coronaproblematik sorgsam umsetzen und damit unseren Beitrag zur Gesundheit im Landkreis Diepholz leisten.
Alle für das Jubiläumsjahr geplanten Aktivitäten, wie die offizielle Feier in der Gemeinde Stuhr, das Fest der Menschlichkeit mit Zelt in der Bahnhofstraße, hoffen wir im kommenden Jahr nachzuholen. Mutmaßlich unter Auflagen. Informationen und Einladungen kommen zeitnah per Post, E-Mail und in der Presse.
Kommen Sie gesund durch das Jahr 2020!
Alexandre Peruzzo /Vorstand